Sibylle meint dazu:
Der Begriff Rationalisierung geht auf Max Weber (1864-1920) zurück. Rationalisierung bedeutet, die Organisation der Wirtschaft und der Gesellschaft nach den Prinzipien der Vernunft und Effizienz. Die Welt und ihr Handeln wird rein rational betrachtet, dadurch wird sie "entzaubert", da die komplexesten Vorgänge uns nicht in Staunen versetzen, sondern wir gelernt haben, von einer rationalen und wissenschaftsbasierten Gesellschaft auszugehen. Wir können die Straßenbahn zwar nicht technisch verstehen und konstruieren oder als Fahrer bedienen, aber wir halten sie auch nicht für etwas Magisches. Ganz gelassen steigen wir ein und lassen uns von ihr transportieren! Rationalisierung kann somit heißen, dass die emotionale Betrachtung des Einzelnen ausgeschaltet wird und eine rein wissenschaftliche Betrachtungsweise im Vordergrund steht. Rationalisierung geht einher mit dem Begriff der Bürokratie und ist deshalb als wichtig für die Öffentliche Verwaltungswirtschaft zu sehen. Für Max Weber war die Bürokratie die einzige Möglichkeiten, Menschen wirksam in einem Arbeitsprozeß zu organisieren. Er war darüber selbst nciht gerade glücklich, a er wußte, daß Bürokratie den Menschen einengt.
Das Wort Bürokratie ist oft negativ belastet. Vereinfacht dargestellt bedeutet es, die Wahrnehmung von Verwaltungsvorgängen innerhalb einer festgelegten Kompetenz und Hierarchie. Überzogene Bürokratie stellt die Vorschriften über den Menschen und degradiert ihn zum Objekt. Das könnte man mit Mertons Anomietheorie als Ritualismus bezeichnen!
Rationales Handeln ist auch heute in der ÖV von großer Bedeutung. Durch festgeschriebene Strukturen wird ein bestimmtes Ziel verfolgt und schafft somit auch in Zeiten des Umbruchs und der Unsicherheit, Bsp. Finanzkrise, politische Umwälzungen (z.B. aktuelle Brexit!) Beständigkeit und Sicherheit. Gerade in Zeiten großer Veränderungen ist es wichtig zu beweisen, dass die Organisation nicht leidet, die "Mühle trotz aller Widrigkeiten immer noch mahlt". Durch effizientes wissenschaftliches Arbeiten wird somit ein immer komplexer werdendes Staatswesen effizient verwaltet; ferner wird dem Bürger das Gefühl gegeben, gerade solchen, die sich in eigener Organisation sehr schwer tun, dass ihre Belange nach wie vor adäquat bearbeitet werden.
Um einen effektiv arbeitenden Verwaltungsapparat aufzubauen oder am Laufen zu halten, ist Rationalisierung somit von großer Bedeutung. Kritisch ist allerdings zu betrachten, dass eine rationale Verwaltungstätigkeit niemals im Regress oder in der Überstrukturierung enden sollte. Gerade in der heutigen Verwaltung sind teilweise die einfachsten Vorgänge überorganisiert, so dass selbst eine Neubeantragung des Personalausweises den Betroffenen in den Wahnsinn treiben kann, während der Verwaltungsangestellte die vielen Vorschriften und Formblätter stoisch hinnimmt. Hier wird Rationalisierung ad absurdum geführt, die Vereinfachung bestimmter Vorgänge wird durch ständiges Hinzufügen neuer Vorschriften undurchsichtig und endet nicht selten im Chaos, welches eigentlich durch die methodische Herangehensweise verhindert werden soll. Somit sollte Rationalisierung eben nicht zum Regress, also zum Rückschritt führen sondern auch hier dem Fortschritt miteinbeziehen um eine ständige, positive Weiterentwicklung zu gewährleisten.
Sibylle