Sibylle zur totalen Institution

Krankenhäuser sind ein gutes Beispiel für totale Institutionen. In einem Krankenhaus ist man in der Regel nicht freiwillig Patient, das gilt für alle totalen Institutionen. Ein Pförtner kontrolliert Ein/Ausgehen Tag und Nacht, d.h. die Begrenzung der Totalen Institution ist nicht einfach durchlässig, wie etwa die Begrenzung eines Privathauses.
  Das wäre reichlich lästig, wenn ich einen Nachbarn hätte, dem gegenüber ich mich für mein Kommen und Gehen
  rechtfertigen muss.  -- Dirk ;-)

Es werden alle Lebensaspekte nur im Krankenhaus ausgelebt, die Patienten essen dort, führen ihre Körperpflege aus (wenn sie es selbst können) und die sozialen Kontakte werden dort gepflegt. Das bedeutet entweder bekommen sie Besuch von Freunden und Verwandten oder sie gehen in den Besucherraum (wenn möglich) oder bleiben einfach im Zimmer und unterhalten sich mit ihrem Bettnachbarn. Dabei zeigt sich, dass jeder Tagesabschnitt des einzelnen Patienten in Gegenwart einer großen Zahl Anderer erlebt wird. Beispielhaft dafür ist auch die morgendliche Visite, bei der bis zu 10 Personen mehr im Raum sind. Die Visite zeigt auch, wie genau der Tagesablauf reglementiert und auf extremster art rational durchkalkuliert ist. Jede Aktivität mündet in eine andere, beispielsweise beginnt der Tag mit Aufwecken, dann Körperpflege, die Visite kommt und anschließend das Frühstück und so weiter. Am Vormittag Therapien und Untersuchungen usw.

Alle diese Aktivitäten werden einem großen Plan untergeordnet, der zur Erfüllung der Aufgabe des Krankenhauses (der Institution) erstellt wurde, nämlich dem Gesundwerden der Patienten. In Krankenhäusern gibt es deswegen auch spezialisierte Abteilungen, die alle nach ihrem „Plan“ funktionieren. Die Überwachung findet auch in schriftlicher Form statt. In den Krankenakten werden alle unsere Tätigkeiten notiert. Auch der Übergriff auf den persönlichen Raum, ist hier in seiner extremsten Form vertreten. Wir müssen nach jedem Schichtwechsel einer anderen Person den Zutritt oder Eingriff in unseren Terrain erlauben. Auch seitens des Personals der totalen Insttitution finden wir eine Verdinglichung der Patienten. Es ist nicht mehr der Herr Müller, sondern jetzt der Blinddarmdurchbruch.

Das Interessante an Totalen Institutionen ist, dass ein Gefängnis und ein Krankenhaus als solche gelten. D.h., dass es mehrere Typen der T.I. gibt. Krankenhäuser sind T.I. mit dem Ziel die Menschen zu genesen (also für harmlsoe und betreuungsbedürftige Menschen) und das Gefängnis, um dem Straftäter zu zeigen, dass er sich der Überwachung und Disziplin zu beugen hat. Das Gefängnis ist eine T.I., die für gefährliche und NICHT betreuungsbedürftige Menschen geschaffen ist. Doch obwohl es sich um 2 ganz unterschiedliche Ziele handelt, werden vergleichbare Maßnahmen ergriffen und die Autonomie des Individuums empfindlich eingeschränkt.

Und doch hat man im Krankenhaus, falls man nicht zu Fremd- oder Selbstgefährdung neigt, noch die Möglichkeit NEIN zu sagen. Also keinen Behandlungsvertrag zu unterzeichnen und dann auf eigenen Wunsch hin entlassen zu werden. Also nicht Totale Institution=totale Macht, sondern in dieser Form eher Herrschaft...(Gehorsam)

   Es ähnelt dem Überwachungssytem der DDR. Die haben wirklich jeden Piep aufgeschrieben! Sogar wann ich auf Toilette war... ;-) Dirk

Sibylle

Macht und Organisation1

Runder Tisch der Soziologie
Topic revision: r2 - 30 Mar 2019, biller
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