Das Thomas Theorem (nach W.I. Thomas) beinhaltet den Ansatz: "When people define situations as real, they become real in their consequences" , was übersetzt soviel heißt wie: "Wenn Menschen eine Situation wahrnehmen und für sich interpretieren, ohne die real existierenden Umstände dabei zu hinterfragen, beeinflußt das ihr Verhalten derart, daß genau die Situation entsteht, welche sie sich vorgestellt oder befürchtet haben. Das Phänomen beim Thomas Theorem ist dabei, dass die zuvor nur vorgestellten Konsequenzen auch tatsächlich eintreten, da viele Menschen gleichzeitig ihr Handeln nach diesen falschen Vorstellungen ausrichten. Von diesem Ansatz geht auch der symbolische Interaktionismus aus.Geht man also gemeinsam mit vielen anderen Menschen von einer schlimmen Situation aus und malt sich die Trageweite der Konsequenzen aus, treten diese auch dann ein, obwohl ursprünglich die Situation in der Realität gar nicht gegeben war.
Robert K. Merton nannte dieses Phänomen "Self fulfilling prophecy", eine Prophezeiung die sich allein durch den Glauben an diese erfüllt. Also führt man diese Prophezeiung quasi selber herbei, da allein der Gedanke daran ausreicht, um das Handeln zu beeinflussen. Eine objektive Tatsache wird also durch das subjektive Handeln des Einzelnen beeinflusst und kann dadurch auch erst herbei geführt werden. Schon Alexander Humboldt sagte, dass nicht die Tatsachen, sondern die Meinungen, die wir über diese Tatsachen haben, den Ausgang von diesen entscheiden. Gehen wir also von einer schlimmen Situation aus, führen wir diese, durch unser Handeln herbei.
Bekanntes Beispiel ist hierfür die Ölkrise von Japan die 1973 zur Toilettenpapierpanik führte. Durch das bloße Gerücht einer Toilettenpapierknappheit wurden Hamsterkäufe ausgelöst, die dann tatsächlich zu einer Knappheit führten, das Gerücht wurde somit durch tatsächliches Handeln bestätigt. Ein anderes Beispiel: die Kriminalitätsstatistiken werden in Sendungen wie "Aktenzeichen XY" überbewertet. In diesen Sendungen bekommt der Zuschauer den Eindruck: in öffentlichen Parks und Grünanlagen werden zwingenderweise in der Abenddämmerung und in der Nacht Frauen überfallen und vergewaltigt. In der Realität werden Frauen öfter in privaten Beziehungen von Bekannten vergewaltigt oder geschlagen oder gar getötet , aber die Vorstellung entsteht, daß in den öffentlichen Grünanlagen eine höhere Gefahr besteht. In der Folgezeit werden die Parks abends gemieden, so daß dann tatsächlcih die reale Gefahr erhöht: denn die Abgeschiedenheit lockt erst recht Krimnelle mit einer bösen Absicht an und potentielle Opfer würden dann ggf. durch das Fehlen von zufällig vorbei kommenden Passanten keine Hilfe bekommen.
Ein Bespiel aus der heutigen Zeit könnte das Gerücht sein, dass in Berliner Parkanlagen jeder im Sommer seinen Müll liegen lässt und nach dem Grillen ein "Schlachtfeld" hinterlässt. Da meint dann jede/r individuelle
GrillerIn, dass es ohnehin egal ist, ob er/sie aufräumt, weil alle anderen ja soviel Dreck machen. Da kommt es auf ein paar Stück Alufolie, einige Kotelletknochen usw. nicht an....
Natalia
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