Beschreiben Sie anhand eines Beispiels die Kennzeichen der totalen Institution (Erving Goffman)!
Krankenhäuser sind ein gutes Beispiel für totale Institutionen. In einem Krankenhaus ist man in der Regel
nicht freiwillig Patient, das gilt für alle totalen Institutionen. Ein Pförtner kontrolliert Ein/Ausgehen Tag und Nacht, d.h. die Begrenzung der Totalen Institution ist nicht einfach durchlässig, wie etwa die Begrenzung eines Privathauses.
Das wäre reichlich lästig, wenn ich einen Nachbarn hätte, dem gegenüber ich mich für mein Kommen und Gehen
rechtfertigen muss. -- Dirk ;-)
Es werden
alle Lebensaspekte nur im Krankenhaus ausgelebt, die Patienten essen dort, führen ihre Körperpflege aus (wenn sie es selbst können) und die sozialen Kontakte werden dort gepflegt. Das bedeutet entweder bekommen sie Besuch von Freunden und Verwandten oder sie gehen in den Besucherraum (wenn möglich) oder bleiben einfach im Zimmer und unterhalten sich mit ihrem Bettnachbarn. Dabei zeigt sich, dass jeder Tagesabschnitt des einzelnen Patienten
in Gegenwart einer großen Zahl Anderer erlebt wird. Beispielhaft dafür ist auch die morgendliche Visite, bei der bis zu 10 Personen mehr im Raum sind. Die Visite zeigt auch, wie genau der
Tagesablauf reglementiert und rational durchkalkuliert ist.
Jede Aktivität mündet in eine andere, beispielsweise beginnt der Tag mit Aufwecken, dann Körperpflege, die Visite kommt und anschließend das Frühstück und so weiter. Am Vormittag Therapien und Untersuchungen usw. Alle diese Aktivitäten werden einem
großen Plan untergeordnet, der zur Erfüllung der Aufgabe des Krankenhauses (der Institution) erstellt wurde, nämlich dem Gesundwerden der Patienten. In Krankenhäusern gibt es deswegen auch spezialisierte Abteilungen, die alle nach ihrem „Plan“ funktionieren.
Sibylle
Macht und Organisation1
Runder Tisch der Soziologie