Sibylle und die Erbschaftssteuer

Wenn in Deutschland die Abschaffung der Erbschaftssteuer diskutiert wird, ist das ein Hinweis für eine Meritokratie? Warum bzw. warum nicht?


Ist die Abschaffung der Erbschaftssteuer ein Hinweis auf eine Meritokratie? Warum bzw. warum nicht? Nein, denn Erbe ist nicht von eigener Leistung abhängig. Bei Bestehen der Erbschafts- u. Schenkungssteuer herrscht Meritokratie.
kann man das auch ausführlicher beantworten???

Die Diskussion um die Erbschaftssteuer hat zwei Seiten.

(1) Bisher gab es ja diese Steuer in Deutschland. Einer der Hintergedanken bei der Einführung dieser Steuer wird sicher auch ein meritokratischer Gedanke gewesen sein. Durch die Steuer versucht man wenigstens den Vermögensunterschied etwas auszugleichen. Die Reicheren sollen den Ärmeren etwas abgeben, sodass zumindest ähnliche Startbedingungen vorliegen. Menschen, die durch eine Erbschaft zu Vermögen kommen, haben ja im Sinne der Meritokratie nichts dafür geleistet. Sie sind ja lediglich Erben. Auf andere Art und Weise außer durch eigene Leistung zu Vermögen zu kommen, geht schlecht mit dem meritokratischen Denken zusammen. Daher war es konsequent leistungsorientiert gedacht, die Erbschaftssteuer einzuführen. Nun wird deren Abschaffung diskutiert.

Die Abschaffung der Erbschaftssteuer widerspricht meiner Ansicht nach dem Gedanken der Meritokratie. Wird die Steuer abgeschafft, so müssen wir uns auch von dem Gedanken verabschieden, dass Wohlstand allein durch Leistung kommt und die Startbedingungen für alle Menschen gleich sind. Das ist aber auch näher an der Realität. Natürlich gibt es wohlhabende Menschen, die ihr Vermögen meritokratisch erworben haben, aber ebenso gibt es Menschen, die einfach nur das „Glück“ hatten, Erben zu sein. Unsere Gesellschaft ist nicht nur meritokratisch. In unserer Gesellschaft kommt man aber auch nicht nur durch wohlhabende Verwandte zu Vermögen. Wohlstand resultiert aus verschiedenen Faktoren wie Leistungsbereitschaft und Fleiß, aber auch aus Bildung, sozialer Herkunft, Gesundheit, Status und Vermögen.

Die Startbedingungen sind nie für alle gleich, auch nicht in einer meritokratischen Gesellschaft, da nicht alle Mitglieder in der Gesellschaft über die gleiche Leistungsfähigkeit verfügen, schon allein durch biologische Unterschiede. Eine meritokratische Gesellschaft ist auch eine egoistische Gesellschaft, die den Kranken, Menschen mit Behinderung etc. keinen Raum gibt. Wenn man leistungsorientiert denkt im Sinne der Meritokratie, dann sollte man nicht bei der Erbschaftssteuer ansetzen, sondern eher an der leistungsorientierten Einkommenssteuer. Dort werden die Leistungswilligen der Gesellschaft geschröpft: mehr Leistung (und damit mehr Wohlstand) erreicht man eher durch Abschaffen der Einkommenssteuer.

(2) Vermögende Menschen argumentieren natürlich anders: Sie betrachten den Reichtum als Beleg für erbrachte Leistungen. Danach widerspricht das Abschaffen der Erbschaftssteuer nicht dem meritokratischen Gedanken. Die meisten Menschen arbeiten hart und leisten auch viel, weil es ihrer nächsten Generation auch gut gehen soll, das ist für viele ein Leistungsanreiz, sie wollen Werte hinterlassen. Wenn nun die Erbschaftssteuer einen großen Teil der materiellen Werte abschöpft, werden sie Umwege finden, ihre Hinterlassenschaft zu übergeben bzw. zum Teil könnte es sich auch leistungsdämpfend auswirken. (Warum soll ich ein Haus bauen, wenn nach mir keiner aus der Familie was davon hat?)

Allein aus der vermögensrechtlichen Position kann vielleicht die Zugehörigkeit zur Klasse begründet werden, aber nicht unbedingt der Status und das Ansehen. Auch ein nur "Erbe" sollte sich Bildung "aneignen", um dadurch eben auch Ansehen und Status zu erwerben und nicht wie ein neureicher Proll mit Geld um sich werfen. Warum fällt mir jetzt Donald Trump ein ...?!??


Sibylle

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Topic revision: r3 - 14 Jan 2021, eggerm
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